
LOUISE BOURGEOIS (1911 – 2010) // “The Family” (2007)
Gouache auf Papier // 59,7 x 45,7 cm
„Zeichnungen sind wie Gedankenfedern“, hat die Künstlerin einmal gesagt. „Ich fange sie im Flug und bringe sie zu Papier“.
Louise Bourgeois‘ früheste markanten Kohle- und Tuschearbeiten stammen aus dem Jahr 1947, der Blütezeit ihres zeichnerischen Werks, welches sich zwischen Malerei und Bildhauerei, also an der Schnittstelle zwischen Oberfläche und Raumtiefe dynamisch entfaltet hat. Die wie in Stein gemeißelten, blockhaften Formen lassen sich in Entsprechung der zeitgleich entstandenen senkrechten, statuarischen Stelen der plastischen Werkgruppe Personnages als Personifikationen von nahestehenden, fehlenden Menschen sehen, die Bourgeois mit ihrem Umzug nach Amerika in ihrer französischen Heimat zurückgelassen hatte.
In den späten, 2007 entstandenen Zeichnungen der damals 96-jährigen Künstlerin, scheinen sich Formen zu verselbständigen und zu vervielfältigen, durchdringen sich weibliche und männliche Merkmale in einer schöpferischen Dynamik der Mutationen und Metamorphosen, so dass eindeutige Zuweisungen obsolet werden. Die Vielfalt polymorpher Erscheinungsformen offenbart zugleich die Vielschichtigkeit des von wechselvollen Lebensumständen geprägten Seelenlebens der Künstlerin.
(Zit.: Galerie Karsten Greve, Köln)