Objektinstallation von Walter Kratner (seit 2001)

Nahe der Weizbergkirche wurde 2001 eine beinahe sinnlose Anlage, kurz vor dem Einsturz, gerettet. Die barocke Kegelbahn. Sie soll einst (es sind schon wieder viel mehr als zweihundert Jahre) 17 Weizer Kaplänen zum Zeitvertreib gedient haben.
In Form von schlagender Einfachheit aus Serpentin gearbeitet, verweisen jetzt zwei geometrische Körper (Sphäre und Kubus) auf diese historische Funktion. Aus Serpentinstein gebrochen und bearbeitet, haben beide plastische Körper – trotz unterschiedlicher Form – ein identisches Volumen, dasselbe Gewicht.

Auf handgeschmiedeten Eisentafeln stehen sie sich an beiden Enden der Bahn gegenüber. In ihrer kargen und linearen Gestaltungsweise als Zeichen für Bewegung und Stillstand, Ruhen und Rollen. Beide Objekte stehen in den ausgeschmiedeten Einbuchtungen einer Eisenplatte. Gewicht, Schwerkraft, Zeit und Arbeit haben ihre lesbaren Spuren hinterlassen. Sie blieben bestehen, auch wenn der lastende Körper wieder entfernt werden würde.
Erstarrt in Raum und Zeit, konserviert der Steinkubus in seinem Inneren eine Orgelpfeife aus dem alten Bestand der Weizberger Wallfahrtskirche.
Zur Eröffnung tanzte 2001 der grandiose Wiener Tänzer und Choreograph Sebastian Prantl. Auch vergessen. Sowieso. Ist so.

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TECHNISCHE DATEN
Voraussetzung: Volumen Kubus = Volumen Sphäre
Objekt „Kubus“: Kantenlänge: 46,5cm (1/5 der gesamten Gangbreite); Oberfläche: 1,02 m2; Gewicht: ca.280kg
Objekt „Sphäre“: grüner Serpentinstein (Alto Adige); Durchmesser: 57cm; Oberfläche: 1,02m2; Gewicht: ca.280kg
Basisplatte: Schwarzblech (geschmiedet, handgetrieben); Abmessungen: 1200 x 1550x8mm; Gewicht: ca.350kg: Oberfläche geölt; Stahlrahmen; Stahlstützen (Profileisen);
Orgelpfeife: seit ca.150 Jahren in der barocken Orgel der Weizbergkirche verwendet; in verschließbarer Holzpassung, handgearbeitet

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„TURMZIMMER“ (für Landesausstellung 2001)
Orgelinstallation nach einer Partitur von Anton Bruckner
Das „Turmzimmer“ verstand sich als Weiterführung der Objektinstallation in der Kegelbahn. Bezugspunkt für diese Arbeit war ein Ausschnitt aus der Partitur von Anton Bruckner (8. Sinfonie, 3. Satz, Adagio, Takt 41) und seine Obsession zu ordnen und zu zählen.

Bezugspunkt für diese Arbeit war ein Ausschnitt aus der Partitur von Anton Bruckner (8. Sinfonie, 3. Satz, Adagio, Takt 41). Bei dieser Arbeit ging es vorwiegend um quantitative Einheiten, die aber letztlich eine Spur in das Innere unserer Geschichte legen können. Die Auswahl der Orgelpfeifen erfolgte ausschließlich nach Tonlagen. Kriterien, wie ästhetische Beschaffenheit der Objekte oder Konsistenzen der Legierungen, wurden bewusst außer acht gelassen.
Zehn Orgelpfeifen machten die vorgegebene Notenfolge (AS, G, C, CES, B, DES, GES, F, ES, B) sichtbar. Ihre Anbringung im Raum erfolgte nach Gesetzmäßigkeiten, die aus der Länge der einzelnen Orgelpfeifen und deren Abstände von der Raumwand resultierten. Durch eine einfache Holzhalterung in den Raum „gelehnt“ war die Wahrnehmung des barocken Turmzimmers ohne Objekte nicht mehr denkbar.
Im Gegensatz zum hermetischen „Kubus“ aus Serpentin in der „Alten Kegelbahn“, wurde aber hier das Turmzimmer selbst als begehbarer Ort zur Konservierung der alten Orgelpfeifen verstanden.
Die „Werkzeichnungen“ zeigen eine grafische Variation zur Visualisierung von Musik: die Partiturseite verschiebt sich schrittweise aus einem imaginären Bildrahmen. (Die Installation wurde abgebaut und zerstört.)

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>> Walter Kratner, „Von der Klachlsuppe zum Hochaltar“ | >> Walter Kratner, „Alte Kegelbhan“, Werkuch 2 | >> Johannes Rauchenberger, „Weizbergs Samt“ | >> Kleine Zeitung (2001)